Ronja – Interview zum Thema Pansexualität

Ronja Mahlmann geht auf die Raabeschule in die 10G1 und ist pansexuell. Wie viele andere Menschen und auch Mitschüler:innen ist sie somit ein Teil der LGBTQ+ Community. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, dann lies dir gerne die bereits veröffentlichten Artikel zu dem Thema durch: Die Raabeschule unter Regenbogenfarben und Überblick über die populärsten Sexualitäten. Wir als Redaktion wollten Ronja näher kennenlernen, um für mehr Aufklärung zu sorgen, und haben ihr Fragen zum Thema Outen, Homophobie und Akzeptanz gestellt, worauf sie sehr interessante Antworten geben konnte. Im folgenden Interview könnt auch ihr Ronja besser kennenlernen und mehr über die LGBTQ+ Community erfahren:

Hallo Ronja, schon mal vielen Dank, dass du mit uns das Interview führst. Ich würde jetzt gerne beginnen. Also, du bist pansexuell, richtig? Kannst du uns vielleicht kurz erklären, was das bedeutet?

Hallo. Ja, richtig. Das bedeutet, dass mir das Geschlecht der Menschen, die ich date, egal ist, weil ich eigentlich nur auf die Seele stehe, also wie die Menschen sind und nicht, wie sie sich identifizieren.

Wann hast du das genau erkannt?

Es war einfach immer da und ich könnte keinen festen Zeitpunkt sagen, dass ich es irgendwann gemerkt habe. Ich wusste es einfach. Als ich mich dann mehr damit beschäftigt habe, hatte ich auch irgendwann ein Wort dafür.

Wie bist du dazu gekommen, dich mit verschiedenen Sexualitäten auseinanderzusetzen?

Durch Social Media, also es gibt einen Instagram Account, der sich damit beschäftigt, auf den ich vor ein paar Jahren aufmerksam geworden bin. Dann habe ich mich damit mehr auseinandergesetzt und auch irgendwann für mich die ,,Definition‘‘ gefunden.

Steht dein Umfeld auch komplett hinter dir, also Familie und Freund:innen?

Ja, ich würde sagen größtenteils schon. Natürlich kann ich es in manchen Umfeldsteilen nicht genau beurteilen, aber die Personen, die mir wichtig sind, stehen hinter mir.

Wie stehst du generell zu dem Thema Outen vor Familie und Freund:innen? Findest du, dass es heutzutage noch nötig ist sich zu outen oder findest du eher, es sollte schon selbstverständlich sein, dass nicht jeder Mensch heterosexuell ist?

Also das sollte auf jeden Fall selbstverständlich sein, dass man nicht davon ausgeht, dass jeder heterosexuell ist, aber ich finde das Thema „Outen“ muss jeder selber entscheiden. Ich habe es irgendwann einfach angesprochen und habe mich ein Stück weit somit schon geoutet. Einfach weil es sich sonst so „geheimnistuerisch“ angefühlt hat, wenn irgendwer über die zukünftige Beziehung gesprochen hat. Das muss aber echt jeder selber entscheiden.

Möchtest du dich auch fest in der Gesellschaft als pansexuell bezeichnen oder bist du stolz darauf?

Ich bezeichne mich als pansexuell, dann habe ich eine Definition für mich selber. Ich würde nicht sagen, dass ich stolzer darauf bin als jemand, der heterosexuell ist. Es ist einfach ein Teil von mir und natürlich ist man auf sich selber stolz, aber unabhängig davon, welche Sexualität man selbst hat.

Fühlst du dich von der Gesellschaft damit angenommen?

Teils, Teils. Wie schon gesagt, die Personen, die mir wichtig sind, haben mich angenommen. Natürlich gibt es auch noch, gerade in der Öffentlichkeit oder im Internet, oft Sachen, wo man sich nicht so angenommen fühlt oder Leute, die dagegen gehen.

Dann kommen wir auch gleich zu meiner nächsten Frage, und zwar, ob du schon mal jegliche Art von Homophobie im Alltag durch deine Sexualität erfahren hast? Wenn ja, inwiefern oder wie bist du damit umgegangen?

Im Internet ist das auf jeden Fall ein ganz großer Teil, aber dort sagen Menschen eben mehr, als sie das von Person zu Person sagen würden. Da versuche ich dann meistens einfach aufzuklären oder die genauen Gründe auszuhebeln. Sonst natürlich auch in Situationen im Alltag. Wenn es eine sichere Situation ist, dann rede ich darüber und hinterfrage das und wenn ich merke, dass es gerade nichts bringt zu diskutieren, dann lasse ich es und ignoriere es einfach.

Hast du schon erfahren, dass die Menschen auch mit sich reden lassen oder eher fest in ihrer Meinung sind?

Die meisten, wenn so eine Situation aufkommt, sind eher fest in ihrer Meinung und man kann das dann nicht so wirklich ändern, aber man kann es immer wieder versuchen.

Oft hört man auch, dass viele sagen, es sei nur ein ,,Trend‘‘ oder eine ,,Phase‘‘. Wie würdest du darauf reagieren?

Dazu habe ich einen Vergleich, mit dem ich mich auseinandergesetzt habe, und zwar wurde im 20. Jahrhundert das Linkshänder-Sein verboten und alle Menschen mussten mit rechts schreiben. Als es dann wieder erlaubt war und auch wieder Linkshänder mit links schreiben durften, sind die Zahlen der Linkshänder auf einmal ziemlich hoch gegangen. Dann war das Linkshänder-Sein auch nicht nur eine Phase, sondern es war auf einmal erlaubt, die Person zu sein, die man ist und das auch öffentlich zu zeigen1. Ich denke, so ist das auch heutzutage. Es gibt nicht mehr oder weniger homosexuelle Leute, aber jetzt ist es auf einmal mehr erlaubt als früher und deswegen stellen sich jetzt auch mehr Menschen so dar. Aus diesem Grund kann man denken, es wäre ein Trend, aber die Gesellschaft ist so weit gekommen, dass es normaler wird.

Okay, sehr interessant. Ist auch wichtig für dich mit anderen Menschen der LGBTQ+ Community in Verbindung zu stehen?

Es ist natürlich ein Austausch, den man hat, und man kann sich auch mal absprechen oder sich gegenseitig Fragen beantworten, aber eigentlich gilt für mich Mensch ist Mensch und deswegen will ich nicht irgendwelche Leute auf ihre Sexualität reduzieren. Das würde ja den ganzen Sinn meiner Ansicht zerstören.

Was erwartest du für eine Reaktion, wenn du dich vor einer Person outest, also gibt es irgendetwas Spezielles, das du erwartest?

Akzeptanz. Du musst nicht 500 Fragen stellen oder so tun, als würde es dich mehr interessieren, als es eigentlich tut, das muss nicht sein. Mach es einfach so, wie das für dich selber okay ist, aber Akzeptanz ist einfach etwas Wichtiges. Man sollte deswegen nicht irgendwie schlechter mit mir umgehen-eigentlich ganz verständlich, oder?

Wie reagierst du selber, wenn sich Personen vor dir outen?

Genauso, wie ich auch will, dass man bei mir reagieren würde, also auch mit Akzeptanz. Wenn ich eben merke, die andere Person möchte, dass wir uns weiter darüber unterhalten, dann unterhalte ich mich auch weiter darüber. Wenn ich eher merke, für die Person ist das gar nicht so wichtig, dann nehme ich es einfach so wahr.

Was könnte man deiner Meinung nach tun, um der LGBTQ+ Community noch mehr den Rücken zu stärken?

Wichtig ist auf jeden Fall ein offener Umgang damit. Das fängt schon bei der Sprache an. Zum Beispiel Schimpfwörter, wie ,,Schwuchtel‘‘ oder so, das ist nichts, was im Sprachgebrauch irgendetwas verloren hat. Das andere ist, wenn man in einer Situation ist, wo etwas gegen die LGBTQ+ Community gesagt wird und man merkt, es ist gerade ein sicheres Umfeld, dann kann man sich auch einfach darüber unterhalten und versichern die Leute umzustimmen. Also selber mehr Akzeptanz dafür schaffen, auch wenn man vielleicht gar nicht dazu gehört.

Setzt du dich auch selber dafür ein oder würdest du dich gerne dafür einsetzen?

Ja, natürlich. Wenn ich in einer Situation merke, es ist gerade sinnvoll oder ich könnte etwas damit bewirken, wenn ich hier gerade eine Diskussion anfange, dann mache ich das auch.

Eine letzte Frage habe ich noch. Was würdest du anderen Menschen oder vielleicht auch Mitschüler:innen mit auf den Weg geben, die sich nicht trauen zu ihrer Sexualität offen zu stehen?

Es ist ein Teil von euch als Person und ihr müsst das nicht nach außen zeigen, wenn es für euch nicht dazu gehört. Steht für euch persönlich einfach dazu, weil es ein Teil von euch ist, den ihr nicht ändern könnt und es ist nicht unnormaler, als wenn man heterosexuell oder cis2 ist.

Ronja, vielen Dank für das Interview.

Gern geschehen.

1 https://parade.com/1262753/marilynvossavant/is-the-number-of-left-handed-people-increasing/

2cisgeschlechtlich ist eine Bezeichnung für Menschen, deren Geschlechtsidentität mit dem Sex (dem biologischen Geschlecht) übereinstimmt, das ihnen bei der Geburt anhand der Genitalien zugeschrieben wurde.

Dieses Interview führte Luzie.