Alan Turing – In Erinnerung an einen Helden

Von Geburt bis zum Doktortitel

Alan Turing wurde am 23. Juni 1912 in London geboren. Schon in frühem Alter zeigte sich die hohe Intelligenz und Begabung Turings. Berichten zufolge brachte er sich selbst innerhalb von drei Wochen das Lesen bei und war schon früh an Zahlen und Rätseln interessiert. Mit 14 Jahren wechselte er von der Tagesschule St. Michael’s in St. Leonards-on-the-Sea zu der Sherborne School in Dorset. Doch sein erster Schultag fiel auf einen Generalstreik in England. Nach Berichten der Lokalpresse war Turing allerdings so motiviert, dass er die 100km zur Schule allein mit dem Fahrrad zurücklegte und nur einen Stopp in der Nacht an einer Gaststätte machte. Turings Liebe für Naturwissenschaften wuchs immer weiter, aber sein Desinteresse an den Geisteswissenschaften sorgte für Probleme in der Schule.

Trotz seiner herausragenden Begabung fiel er einige Male durch die Prüfung. Ihm war es nicht recht für andere Fächer genauso viel zu arbeiten, wie für die, die ihn wirklich interessierten. Er studierte danach am King´s College, wo er eine, heute Turingmaschine genannte, abstrakt-formale, Zeichenketten verarbeitende Maschine erfand. Diese ist ein mathematisches Modell der theoretischen Informatik, die eine abstrakte Maschine definiert. Was genau das bedeutet muss, man nicht verstehen, um zu begreifen, dass Alan Turing ein sehr schlauer Mann gewesen ist. 1938 erwarb er seinen Doktortitel an der Princeton University. Durch seine Doktorarbeit wurde der Begriff „Hypercomputation“ eingeführt, bei den Turingmaschinen zu sogenannten Orakel-Maschinen erweitert werden. Durch diese Entdeckung konnte das Studium von nicht-deterministisch lösbaren Problemen möglich gemacht werden. Im Jahr 1939 kehrte Turing im Alter von 27 Jahren nach Cambridge zurück. Dort besuchte er Vorlesungen des Philosophen Ludwig Wittgenstein über die Grundlagen der Mathematik, die aus Notizen der Schüler, inklusive Zwischenrufen Turings und anderer Schüler, vollständig rekonstruiert werden konnten. Die beiden stritten und diskutierten immer wieder, da Wittgenstein Mathematik als überbewertet sah und nach seiner Meinung keine absolute Wahrheit zutage bringen könne und Turing darauf den mathematischen Formalismus verteidigte.

Leistungen im Zweiten Weltkrieg

In der Zeit des Zweiten Weltkriegs arbeitete Alan Turing mit einer Gruppe von anderen Wissenschaftlern als Krypto Analytiker an einer abgeschirmten und hochgeheimen Mission in Bletchley Park, einem Landsitz, der etwa 70 km nordwestlich von London liegt. Bei der Mission handelte es sich um die Entzifferung der mit der deutschen Maschine Enigma verschlüsselten Nachrichten der Deutschen.

Letztendlich gelang es ihnen durch eine Idee von Turing für die Turing-Bombe oder auch Turing-Welchman-Bombe genannte Maschine. Der Originalentwurf stammte zwar von Turing, allerdings wurde die Maschine durch Einführung des diagonal board von seinem Kollegen Gordon Welchman stark verbessert. Es ist zu einem großen Teil dieser Forschergruppe zu verdanken, dass die Alliierten den U-Boot-Krieg sowie den Afrikafeldzug gewinnen konnten.

Damit nahmen sie vermutlich auch insgesamt einen großen Einfluss auf den Verlauf des Zweiten Weltkriegs. Alan Turings Entdeckungen und Einblicke dieser Zeit wurden bei der Entwicklung des ersten digitalen, programmierbaren, elektronischen Röhrencomputer ENIAC (Konstruiert von Max Newman und seinem Team) benutzt. Bis in die 1970er Jahre war seine Hilfe im Zweiten Weltkrieg streng geheim und niemand durfte davon erfahren.

Weitere Leistungen

Ab dem Jahr1948 lehrte Turing an der Universität Manchester, wo er 1949 stellvertretender Direktor der Computerabteilung wurde. Er arbeitete dort an der Software für einen der ersten echten Computer (Manchester Mark I), sowie anderen theoretischen Arbeiten. In Verbindung mit der Problematik künstlicher Intelligenz entwarf er den Turing-Test, der als Kriterium benutzt wird, um herauszufinden, ob eine Maschine dem Menschen vergleichbar denkfähig ist. Gegen Ende seines Lebens arbeitete er an mathematischen Problemen der Biologie. Aus einer 1952 veröffentlichtet Arbeit kommt der Turing-Mechanismus, der noch heute viel in Verbindung mit chemisch-biologischen Strukturbildungstheorien vorkommt.

Verurteilung und Tod

1952 rief Alan Turing die Polizei aufgrund eines Einbrechers. Es stellte sich heraus, dass dieser ein Komplize des jungen Erwachsenen Arnold Murray war. Turing und Murray hatten eine gleichgeschlechtliche Beziehung geführt, weswegen dieser Informationen hatte, mit denen er beim Einbruch helfen konnte. Diese Verzweigungen wurden bei der Ermittlung aufgedeckt und da in dieser Zeit Homosexualität als strafbar galt, wurde er wegen „grober Unzucht und sexueller Perversion“ angeklagt. Sein Urteil sah ursprünglich eine Gefängnisstrafe vor, allerdings durfte er sich dazwischen entscheiden, die Haftstrafe anzutreten oder sich mit einer Hormontherapie „behandeln“ zu lassen. Turing entschied sich für die Therapie. Da dem Hormon Östrogen eine triebhemmende Wirkung zugeschrieben wurde, benutzte man diese für die medikamentöse Behandlung. Die Behandlung dauerte ein Jahr und führte unter anderen feminisierenden Effekten zu der Vergrößerung der Brustdrüse. Auch wenn Turing seine Veränderungen mit Humor kommentiert haben sollte, erkrankte er an starken Depressionen. 1954 beging Alan Turing wahrscheinlich Suizid. Es wurde zwar eine Cyanid Vergiftung festgestellt und Turing hielt einen halb gegessen Apfel in der Hand, allerdings wurde versäumt diesen Apfel tatsächlich auf Gift testen zu lassen. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass es sich um Suizid handelte. Unter seinen Biographen ist die Annahme verbreitet, dass die Hormonbehandlung bzw. dessen Auswirkung der Hauptgrund für den Selbstmord Turings waren.

Offizielle Entschuldigung und postume Begnadigung

Seit den 2000ern setzten sich einige Aktivisten für Alan Turing und eine Entschuldigung der Regierung ihm gegenüber ein. 2009 wurde eine Petition, die diese Entschuldigung einforderte von 30.000 Briten unterschrieben und eingereicht. Darauf wandte sich der damalige britische Premierminister Gordon Brown mit einer Danksagung und Entschuldigung der Regierung an die Öffentlichkeit:

    „Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt, dass ohne seinen herausragenden Beitrag die Geschichte des Zweiten Weltkriegs durchaus deutlich anders hätte verlaufen können. Er ist tatsächlich eine der wenigen hervorzuhebenden Personen, deren einzigartiger Beitrag half, den Kriegsverlauf zu wenden. Die tiefe Dankbarkeit, die wir ihm schulden, macht es daher umso grauenhafter, dass er derart inhuman behandelt wurde. Im Namen der britischen Regierung und all derer, die dank Alans Arbeiten in Freiheit leben, bin ich daher sehr stolz zu sagen: Es tut uns leid, Sie hatten so viel Besseres verdient.“

– Gordon Brown, damaliger britischer Premierminister, 2009

Die offizielle nachträgliche Aufhebung der Strafe wurde aber dennoch als unmöglich abgestempelt.

2012 wurde von der Regierung die nachträgliche Rehabilitation von 49.000 Homosexuellen, die nach dem Criminal Law Amendment Act von 1885 verurteilt wurden, abgelehnt.

Nach weiterer Debatte wurde Alan Turing 2013 endlich begnadigt und rehabilitiert. Dies geschah über ein besonderes Gnadenrecht, dass nur dem Monarchen zusteht (Royal Pardon).

2016 entschuldigte sich auch der damalige Leiter des britischen Geheimdienstes GCHQ für die Behandlung Homosexueller von seiner Institution im klaren Bezug auf Alan Turing.

Olympische Fackeln werden zu Alan Turings 100. Geburtstag am Alan Turing Memorial, Manchester entzündet

Persönliches Fazit

Wir alle haben Alan Turing einiges zu verdanken. Ich persönlich muss sagen, dass ich es zwar gut finde, dass es überhaupt zur Entschuldigung und Begnadigung kam, aber erstens sehr spät und zweitens kann auch das nicht ansatzweise gut machen, was Alan Turing und so vielen anderen Homosexuellen wegen ihrer Orientierung widerfahren ist. Wenn ich von der Vergangenheit spreche, kann ich das traurigerweise nicht auf alle Länder beziehen, denn in über 80 Ländern sind Homosexualität bzw. homosexuelle Handlungen illegal. In 11 droht sogar die Todesstrafe. Das sind nur aufs Gesetz bezogene Gefahren. Das Bundesministerium veröffentlichte im Jahr 2021 Zahlen zur homophober Hasskriminalität in Deutschland. In diesem Jahr wurden 870 Fälle diesem Feld zugeordnet, davon 164 Gewaltdelikte. Dieses Thema ist keine Vergangenheit, es ist aktuell und wichtig. Für Alan Turing ist es zu spät, aber so vielen anderen könnte ein ähnlich grausames Schicksal bevorstehen . Dieser Artikel soll auch ein Zeichen der Solidarität und des Bedauerns sein. Für diese, die ihr wahres Selbst verstecken müssen und diese, denen schon aufgrund ihrer Identität Unrecht angetan wurde.

Autorin: Clara

Quellen

https://de.wikipedia.org/wiki/Alan_Turing

https://de.wikipedia.org/wiki/Turingmaschine

https://www.ardalpha.de/wissen/geschichte/historische-persoenlichkeiten/alan-turing-enigma-code-computer-maschine-100.html

https://www.cantorsparadise.com/when-alan-turing-and-ludwig-wittgenstein-discussed-the-liar-paradox-3c2de0ff09d1

https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetze_zur_Homosexualit%C3%A4t

https://www.lsvd.de/de/ct/2445-Homophobe-Gewalt#wie-viel-hasskriminalitaet-gegen-lsbti

Bildquellen

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Alan_Turing_az_1930-as_%C3%A9vekben.jpg

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Alan_Turing_Olympic_Torch.jpg

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bombe_Closeup.jpg

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Code_breaker_-Alan_Turing%27s_Life_and_Legacy_at_London_Science_Museum(Ank_Kumar)_02.jpg