Gendern: sinnvoll oder Zeitverschwendung?

Das Thema Gendern führt in der heutigen Gesellschaft immer wieder zu Diskussionen zwischen Befürworter:innen und Gegner:innen. Aber was bedeutet Gendern eigentlich genau? Welche Möglichkeiten gibt es? Und was sind die Argumente dafür und dagegen? Diese Fragen und viele weitere werden im folgenden Artikel rund ums Gendern beleuchtet.

Ziele des Genderns

Zunächst einmal ist es wichtig, die Ziele des Genderns darzustellen. Alle Geschlechter sollen angesprochen und sichtbar gemacht werden, um mehr Respekt und Akzeptanz in der Gesellschaft hervorzubringen. Neben den zwei häufigsten Geschlechtern ,,Mann‘‘ und ,,Frau‘‘, sollen sich auch Trans*-, Inter- und nicht binär verortete Menschen angesprochen fühlen.

Bei der Umsetzung gibt es mehrere Möglichkeiten für eine geschlechtergerechte Sprache. Am bekanntesten sind vermutlich der Gender Star (z.B. Lehrer*innen), der Gender Gap (z.B. ­­Lehrer_innen) und der Gender Doppelpunkt (z.B. Lehrer:innen). Beim Sprechen wird hier ein sogenannter ,,glottal stop‘‘, also eine kurze Sprechpause,  gemacht. Neben diesen Möglichkeiten gibt es auch noch die Doppelform (z.B. Lehrer und Lehrerinnen), die allerdings nur die Geschlechter Mann und Frau miteinbezieht. Trans*-, Inter- und nicht binär verortete Menschen werden hierbei nicht berücksichtigt. Außerdem gibt es Varianten, die Geschlechter nicht explizit benennen. Dabei werden geschlechtsneutrale Formulierungen, substantivierte Partizipien und Adjektive verwendet (z.B. die Lehrenden). Eine weitere Option sind die Passivformulierungen, wobei Personenbezeichnungen bewusst umgangen werden.

(https://www.uni-kassel.de/hochschulverwaltung/themen/gleichstellung-familie-und-diversity/geschlechtergerechte-sprache/varianten-geschlechtergerechter-sprache Zugriff am 01.11.2021 um 15:00 Uhr)

Entstehung des Genderns

Nun stellt sich natürlich die Frage, woraus die Idee zum Gendern eigentlich entstanden ist. In einigen Sprachen, wie auch in der deutschen, hat jedes Nomen sein eigenes Geschlecht (Genus), zum Beispiel das Haus, der Baum, die Pflanze. Das grammatische Geschlecht sagt auch oft etwas über das biologische Geschlecht (Sexus) aus, wenn über Personen im Singular gesprochen wird (z.B. der Lehrer für einen Mann, die Lehrerin für eine Frau). Das generische Maskulinum ist eine grammatisch männliche Bezeichnung, die aber laut Definition nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun habe. Es beziehe sich also auf eine Personengruppe, über dessen Geschlecht es allerdings nichts aussage (z.B. ,,der Lehrer‘‘ bezieht sich auf eine Gruppe, die den Beruf Lehrer ausübt). Unklar ist aber, ob die männliche Pluralform schon immer eine Doppelfunktion hatte, also für Männer und Frauen stand. Diese Probleme stellten sich früher häufig nicht, da vor allem Männer eine wichtige Rolle hatten. Grammatisch gesehen gilt die Definition also für alle Geschlechter. Wozu muss dann überhaupt noch gegendert werden? Ein Problem ist, dass bei Sätzen, die im generischen Maskulinum formuliert sind, sich die meisten Menschen vor allem Männer vorstellen, was auch mehrere psycholinguistische Studien beweisen. Das Resümee dieser Studien zeigte, dass das generische Maskulinum eher Bilder von Männern im Kopf erzeugt. Dies ist der Grund, warum es seit den 1970-er Jahren Diskussionen gibt, eine geschlechtergerechte Sprache einzuführen.

(https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/was-gendern-bringt-und-was-nicht/ Zugriff am 04.11.2021 um 17:20 Uhr)

Vor- und Nachteile

Da nun die Frage geklärt ist, wozu man eigentlich gendert und welche Formen es gibt, ist es wichtig, die Vor- und Nachteile zu beleuchten. Ein häufiges Argument gegen das Gendern ist, dass es eine große Umstellung für viele Menschen ist. Dies ist allerdings eine Frage der Gewohnheit. Gendern ist an sich nicht unbedingt komplizierter, aber ungewohnt. Wenn es allerdings im Alltag eingeführt werden würde, ist es gut möglich, dass sich viele Menschen und nachfolgende Generationen daran gewöhnen und irgendwann nicht mehr kompliziert finden. Außerdem wird häufig behauptet, dass es wichtigere Probleme als Gendern gebe. Diesem Einwand lässt sich deutlich zustimmen, allerdings laufen Dinge auf der Welt parallel und meistens wird in der Politik sowie Gesellschaft nie nur ein spezifisches Thema behandelt. Auch wenn es also wichtigere Dinge, als das Gendern gibt, sollte man sich trotzdem damit befassen und darüber diskutieren. Dass Gendern ein deutsches Phänomen sei, stimmt nicht, da auch in anderen Sprachen, wie zum Beispiel Französisch oder Türkisch, darüber diskutiert wird. Des Weiteren argumentieren einige gegen das Gendern, da es Irritationen auslöse, weil man sich noch nicht auf eine einheitliche Regeln und Optionen geeinigt habe. Dem Punkt ist ebenfalls zuzustimmen, da Politik und Gesellschaft noch mitten in der Debatte um das Gendern stecken. Sollte es sich allerdings durchsetzen, ist durchaus damit zu rechnen, dass es einheitliche Regeln oder Empfehlungen geben könnte. Das Hauptargument von ,,Gender-Gegner:innen‘‘ ist meistens, dass man das Geschlecht dabei überbetone und somit genau das Gegenteil vom eigentlichen Ziel erreiche. Der Fokus liegt allerdings nicht darauf, das Geschlecht überzubetonen, sondern darauf zu achten, unbewusste Gendermakierungen zu vermeiden und das zu sagen, was man auch wirklich meint. Neben Opponent:innen, gibt es allerdings auch Befürworter:innen, die darin viele Vorteile sehen. Der größte Vorteil und auch Grund des Genderns ist, dass sich Menschen weniger ausgegrenzt und mehr akzeptiert von der Gesellschaft fühlen. Außerdem hat Gendern Auswirkungen auf die Berufswahl und Kinder trauen sich mehr Berufe zu, da diese sprachlich nicht mehr geschlechtsspezifisch festgelegt sind. So wachsen Kinder vorurteilsfreier auf und denken nicht mehr an die bestimmten Geschlechterrollen in Berufen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Frauen sichtbarer gemacht werden und es vielleicht auch ein Stück weit dabei hilft, die typisch ,,gesellschaftliche Norm‘‘ (z.B. männlich, weiß, heterosexuell) abzuschaffen. Dies könnte zu mehr Diversität und Offenheit gegenüber anderen Menschen führen. Des Weiteren ist für die nächste Generation die geschlechtergerechte Sprache vielleicht schon im Alltag verankert und wird nicht mehr als kompliziert angesehen.

(https://www.gespraechswert.de/gendern-argumente/ Zugriff am 04.11.2021 um 18:00 Uhr)

(https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/franzoesisch-japanisch-russisch-gendern-in-anderen-sprachen-16169827.html Zugriff am 04.11.2021 um 18:00 Uhr)

… und zusammenfassend…

Abschließend bin ich der Meinung, dass Gendern durchaus sinnvoll ist, wenn es nicht zu einem hypersensibilisierten Sprachgebrauch führt, sprich man dabei nicht ,,päpstlicher als der Papst‘‘ sein muss. Außerdem ist es wichtig, sich auf einheitliche Regeln zu einigen, um Unklarheiten zu verhindern. Eine Mischung aus verschiedenen Formen könnte in einigen Fällen durchaus hilfreich und angebracht sein. Viel wichtiger ist allerdings, dass die Veränderung nicht nur in der Sprache, sondern auch in der Gesellschaft stattfindet, was bedeutet, mehr gegen Sexismus und Diskriminierung vorzugehen und zum Beispiel Frauen besser zu bezahlen. Da Sprache aber ein zentrales Werkzeug ist, um unser Erleben von der Welt auszudrücken, ist Gendern ein guter Anfang, um Vielfalt zu unterstützen und weniger Diskriminierung auf der ganzen Welt zu schaffen.  

von Luzie