Politikunterricht auf dem Prüfstand

Besonders in Coronazeiten haben Schüler:innen gemerkt, wie stark die derzeitige Politik auch ihr Leben beeinflusst. Aber wie steht es eigentlich mit der politischen Bildung an unserer Schule? Sollte der Politik-Wirtschaft-Unterricht vielleicht schon ab einer früheren Klassenstufe unterrichtet werden? Außerdem stellt sich die Frage, ob an der inhaltlichen Ausrichtung oder generell am Aufbau des Unterrichts etwas geändert werden sollte. Der folgende Artikel beschäftigt sich damit, welchen Stellenwert der Politikunterricht in Deutschland aktuell hat und ob es möglicherweise Veränderungen bedarf.

Zunächst einmal sollte man sich die Frage stellen, warum das Schulfach Poltik-Wirtschaft erst ab der 8. Klasse unterrichtet wird, und nicht schon viel früher. Der ursprüngliche Gedanke dabei war, dass politische Themen für jüngere Schüler:innen eventuell zu komplex seien und diese die politischen Geschehen und Zusammenhänge erst ab einer höheren Klassenstufe verstehen würden. In den meisten Bundesländern, darunter auch Niedersachsen, findet der Politikunterricht erst ab der 8. Klasse statt, in Bayern sogar erst ab der 10. Klasse. Allerdings gibt es auch fünf Bundesländer, in denen der Politikunterricht schon ab der 5. Klasse beginnen kann. Dort entscheiden aber die Schulen vor Ort, ab welcher Klassenstufe sie den Politikunterricht einführen wollen. Der Soziologe Reinhold Hedtke ist der Überzeugung, dass Unterricht im Fach Politik ab der 8. Klasse mit einem Alter von ca.13 oder 14 Jahren viel zu spät sei. „Schon im Grundschulalter entstehen politische Wertorientierungen, Kinder entwickeln Vorstellungen davon, ob ihnen zum Beispiel eher Gleichheit wichtig ist oder das Recht auf Eigentum“, sagt er. „Es ist bedauerlich, wenn Schülerinnen und Schüler erst so spät die Möglichkeit bekommen, sich mit anderen darüber auszutauschen und Verständnis für deren Perspektiven zu entwickeln.“ Seiner Meinung nach wäre es also durchaus sinnvoll, dass sich Schüler:innen schon im Grundschulalter den ersten politischen Themen widmen.

(https://www.sueddeutsche.de/bildung/politik-unterricht-schule-studie-1.4910939, Zugriff am 06.07.2021 um 14:00 Uhr)

Oft wird auch über das Pensum des Politikunterrichts diskutiert. Dieses hängt vor allen Dingen sehr stark von dem Bundesland ab, in dem die Schüler:innen zur Schule gehen. Viele sind der Meinung, dass die politische Bildung in der Schule eindeutig nicht ausreiche. Aus einer Studie ging hervor, dass politische Themen im Fach Politik-Wirtschaft weniger als 32 Prozent des Unterrichts ausmachen. In Niedersachsen bekämen Schüler:innen in der unmittelbaren schulischen politischen Bildung während einer Schullaufbahn auf dem Gymnasium Sekundarstufe ǀ ca.120 Unterrichtsstunden erteilt (Stand: August 2013, https://www.bundestag.de/resource/blob/487700/d782a1c792d2e8b02d26a25ffb1b0835/wd-8-077-16-pdf-data.pdf, Zugriff am 06.07.2021 um 14:00 Uhr). In einigen Bundesländern liegt die Zahl bei ca. 250, in anderen Bundesländern wiederum nur bei 50 Stunden. Diese Werte seien aber generell schwer vergleichbar, da das Fach in vielen Bundesländern noch mit anderen Fächern zusammen unterrichtet werde, und in anderen wiederum nicht. Außerdem betont das Kultusministerium, dass politische Bildung auch in anderen Fächern vermittelt werden solle. Reinhold Hedtke antwortet darauf: ‘‘Wenn politische Bildung nur einen kleinen Teil des Politikunterrichts ausmacht, wird dies auch auf andere Weise nicht kompensiert.‘‘ Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler Tim Engartner betont außerdem noch: „Der Wirtschaftsunterricht hat eine starke Lobby, für das Fach Politik setzt sich sichtbar beinahe nur die Bundeszentrale für politische Bildung ein.“ Beide sind also der Meinung, dass das Fach Politik im Vergleich zu anderen gesellschaftswirtschaftlichen Fächern wesentlich zu kurz komme.

(https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/politische-bildung-im-unterricht-wirtschaft-verdraengt-politik-aus-schulen-a-1182795.html, Zugriff am 06.07.2021 um 14:00 Uhr)

In Niedersachsen beschäftigt sich der Politikunterricht in der 8. Klasse größtenteils mit der Politik auf kommunaler Ebene und in der 9. Klasse mit der Politik auf Bundesebene. In den höheren Klassenstufen wird schließlich auch die Politik weltweit behandelt. Je älter die Schüler:innen, desto komplexer und komplizierter auch die politischen Themen und Zusammenhänge. Politisch aktuelle Themen werden dagegen im Unterricht häufig eher seltener behandelt oder sogar ganz außen vorgelassen, da die anderen Themen sonst vermutlich nicht mehr zu schaffen wären. Natürlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein grundsätzliches politisches Verständnis auf kommunaler, Bundes- aber auch auf weltweiter Ebene, sowie Fachbegriffe und politische Zusammenhänge wichtig sind, um überhaupt die aktuellen politischen Ereignisse zu verstehen und einordnen zu können. Allerdings ist es ebenfalls wichtig, den Schüler:innen auch die aktuellen Themen nahezulegen und ihnen zumindest einen kleinen Überblick über die aktuelle politische Lage zu