Riot Grrrl: Feminismus in der Punk-Szene

-Ein Gastbeitrag von Malena-

„Girls to the front!“: Das war die Aussage, welche vor 30 Jahren ein Feuer in den Frauen der US-amerikanische Punk-Szene auslöste. Anfang der 90er wurde die Riot Grrrl Bewegung im Pazifischen Nordwesten der Vereinigten Staaten, in Olympia, Washington, gegründet. Das Ziel der Riot Grrrls war es, auf die Frauenfeindlichkeit der Punk-Szene, jedoch auch in der allgemeinen Gesellschaft aufmerksam zu machen und in dieser einen Platz für Frauen zu schaffen. Zwar war die Bewegung zuerst nur politisch, sie entwickelte sich jedoch schnell ihre eigene Subkultur.

Der Name Riot Grrrl setzt sich aus den Wörtern Aufstand und Mädchen zusammen. Während Aufstand recht selbsterklärend ist, wurde die Buchstabierung von „girl“ so verändert, dass es drei Rs hat, eine Art Brüllen. Auch „girl“ wurde aus einem bestimmten Grund gewählt, es soll das Selbstbewusstsein eines Kindes symbolisieren.

Wie schon erwähnt fing Riot Grrrl jedoch nicht mit Musik an. Zuerst veröffentlichten junge Frauen in Olympia, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Washington, „zines“, kurz für „magazines“. Bei diesem handelt es sich um ein selbst veröffentlichtes Magazin, welches in kleinen Mengen meist über Kopierer produziert wird. In den Riot Grrrl zines befanden sich jedoch nicht nur politische und feministische Texte, welche Themen wie Sexualität, Vergewaltigung und häusliche Gewalt umfassten, sondern auch Werke von unabhängigen Künstlern. Eines dieser zines war „Bikini Kill“, veröffentlicht in 1991 von der gleichnamigen Band.

Die Gruppe Bikini Kill ist wahrscheinlich eine der bekanntesten Bands der Riot Grrrl Szene. Gegründet wurde sie 1990 in Olympia, Washington von Kathleen Hanna, Kathi Wilcox, Tobi Vail und Billy Karren. Sie brachten im Laufe von sieben Jahren mehrere Alben und EPs heraus, bis es dann 1997 zum Aus kam. Grund dafür war vor allem Stress und Druck, jedoch auch der ständige prüfende Blick der Medien, welche Bikini Kill unter Verruf stellten. Seit 2019, 22 Jahre nach der Auflösung, tourt die Band wieder durch die Vereinigten Staaten und Europa, wenn auch ohne Billy Karren. Zudem plant Bikini Kill nicht neues Material zu veröffentlichen, performt werden nur die Lieder aus den 90ern.

Ebenso bekannt wie Bikini Kill ist die Gruppe Bratmobile, welche von Allison Wolfe, Erin Smith und Molly Neumann gegründet wurde, nachdem die drei Studentinnen zusammen an der zine „Girl Germs“ gearbeitet hatten.  Wie auch bei Bikini Kill, führten Druck und die Medien 1994 zum Aus, nur drei Jahre nach der Bildung der Gruppe. Die Mitglieder schlugen verschiedene Wege ein, bis es 1999 zur Wiedervereinigung für eine Show kam. Wieder blieb Bratmobile für drei Jahre zusammen, bis es diesmal zum endgültigen Schluss kam. Insgesamt veröffentlichte Bratmobile 3 Alben und ein EP.

Die größte Gemeinsamkeit die Bratmobile und Bikini Kill haben, ist nicht nur ihre Bekanntheit in der Punk-Szene, sondern vor allem aus welchen Gründen die Bands sich gebildet haben. Ihr Ziel war es, eine politische Botschaft zu verbreiten, feministische Ideale durch ihre Lieder zu lehren und einen Platz für Frauen zu schaffen, was in der damaligen Punk-Szene am besten durch Musik funktionierte.

Doch wie erfolgreich waren die Riot Grrrls darin, einen Platz für alle Frauen frei zu machen?

Die Riot Grrrl Bewegung verlief schon gegen Ende der 90er langsam im Sand, nach noch nicht einmal zehn Jahren. Ein Grund dafür war auf jeden Fall die Missinterpretation der Bands, sowohl auch der politischen Aussagen durch die Medien, das größte Problem war jedoch die fehlende Intersektionalität. Als Intersektionalität wird die Überschneidung von verschiedenen Formen der Diskriminierung angesehen, wie zum Beispiel Rassismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit.  Riot Grrrl war größenteils unter jungen, weißen Frauen der Mittelschicht populär, was schnell dazu führte, dass alle Frauen, welche nicht in diese Kategorie fielen, ausgegrenzt wurden. Eine große Menge an Frauen und Mädchen konnte sich durch diesen Rassismus also nicht mit den Riot Grrrls identifizieren.   

Ein weiteres Problem war die Transphobie: Trans Frauen wurden von vielen Riot Grrrl nicht als „richtige“ Frauen angesehen, sodass sie aktiv aus der Bewegung ausgeschlossen wurden. Ein extremes Beispiel hierfür ist das Michigan Womyn’s Music Festival, welches von 1976 bis 2015 jährlich im US-Bundestaat Michigan stattfand. Das Festival hatte eine „womyn-born-womyn“-Regel, es durften also nur Frauen, deren Geschlecht auch so bei der Geburt eingetragen wurde, dem Festival beitreten. Bei diesen Problemen ist es also kein Wunder, dass Riot Grrrl nach den 90ern mehr und mehr an Popularität verlor.

In den letzten Jahren jedoch vermehrt sich die Anhängerschaft der Riot Grrrl Bewegung wieder, vor allem durch die Soziale Medien. Was früher durch zines geschah, wird heute durch Plattformen wie Tik Tok und Instagram vereinfacht, da die Ideen der Riot Grrrls so mehr Leute erreichen, insbesondere junge Mädchen. Auch die MeToo-Bewegung hat Feminismus, und somit auch Riot Grrrl, wieder in den Vordergrund der Mainstream Medien gerückt.

Anders als in den 90ern liegt nun jedoch Inklusion im Vordergrund, die alten Probleme von Rassismus und Transphobie sollen nicht wieder in der Szene auftauchen. Die modernen Riot Grrrls bauen mehr auf „fourth-wave“ Feminismus auf, welcher einen großen Fokus auf Intersektionalität legt. Und auch nur so wird es der Bewegung möglich sein, nicht wieder in Vergessenheit zu geraten und eine bleibende Wirkung zu hinterlassen.

Quellen:

https://en.wikipedia.org/wiki/Riot_grrrl

https://www.youtube.com/watch?v=tAbhaguKARw

https://haenfler.sites.grinnell.edu/subcultures-and-scenes/riot-grrrl-2/

https://www.purenowhere.com/blog/2020/6/14/riot-grrrl

https://en.wikipedia.org/wiki/Bratmobile

https://en.wikipedia.org/wiki/Bikini_Kill

Bildquelle:

https://www.flickr.com/photos/gaelx/5857179044 (am 27.4. um 14.30 Uhr)