Fridays For Future – Was erreicht man mit Schule schwänzen?


Im letzten Teil unseres großen Fridays For Future-Interviews mit Nele geht es um die Ziele der Bewegung, auch in Braunschweig, und wie diese erreicht werden können.

Caroline (C): „Dann beschäftigen wir uns noch mit dem nächsten Thema, euren Zielen. Würdest du sagen, dass ihr schon politisch direkt Einwirkungen habt? Oder würdest du sagen, dass FFF eher so eine Mahnungsbewegung ist, aber dass eigentlich keine richtigen Auswirkungen in der Politik zu spüren sind?“

Nele (N): „Wir haben einiges geschafft. Es reicht uns immer noch nicht, aber wir haben es geschafft, dass es regelmäßig auf der Tagesordnung im Bundestag steht, in den Landtagen, überall wird darüber geredet.

Dann passieren so Sachen wie das Kohlegesetz, was zwar eine nette Idee war, aber nicht annähernd unseren Wünschen entsprach. Der Kohleausstieg 2038 ist uns zu spät […]. Wir fordern 2030, spätestens.

Aber man merkt, es ist ein Prozess, dass sich die Politiker*innen dem bewusst werden, dass da etwas passieren muss. […]

Und gerade auf Kommunalebene merken wir ganz viel. In Braunschweig wird jetzt ein neues Klimaschutzkonzept erarbeitet, und wir wurden tatsächlich dazu eingeladen, mitzuarbeiten, und können da unsere Forderungen mit einbringen. Das soll Ende dieses Jahres noch fertig werden, und dann hoffen wir auf Klimaneutralität 2030.“

C: „Das wäre auch meine nächste Frage gewesen. Also lokalpolitisch, habt ihr da außer dem Klimakonzept auch andere Möglichkeiten, trefft ihr euch mit Politiker*innen?“

N: „Wir haben jetzt mit den überabeiteten Forderungen wieder Vorschläge für Anträge in den Rat eingebracht, also alle Fraktionen angeschrieben […] Die Antworten besprechen wir dann und sehen, wie unsere Anträge am besten in den Rat gebracht werden können. Und damit haben wir dann auch im Sommer erste Erfolge gehabt, da wurden drei Anträge von uns tatsächlich angenommen.“

C: „Was für Anträge waren das?“

N: „Das bezog sich einmal auf Pocket-Parks, also so kleine Parks im Stadtgebiet.“ [Nachtrag: Die anderen beiden Anträge bezogen sich auf die Umstellung aller städtischen Gesellschaften auf Ökostrom und die Vorgabe der Berücksichtigung des Klimas in Beschlussvorlagen der Verwaltung.]

 […]

C: „Was sind denn genau eure Ziele in Braunschweig? Du hattest ja jetzt gerade schon Klimaneutralität angesprochen, und diese Pocket-Parks, aber ist noch irgendetwas anderes, das greifbar ist?“

N: „Also wir haben uns da sehr viel überlegt […].

Das oberste Ziel ist diese Klimaneutralität bis 2030, und da fällt dann in alle möglichen Bereiche auch etwas mit rein, auch was Neubauten angeht.

Oder eine Forderung, die wahrscheinlich für einige am unschönsten klingt, ist dass wir den Innenstadtbereich in ein paar Jahren autofrei haben wollen. Und das dann stückweise ausweiten wollen bis zur Okerumflutung, was dann ein ganz schön großer Bereich ist, aber dem Stadtklima unglaublich guttun würde, wenn wir auf einmal auf dem Bohlweg keine Autos mehr haben. Und dann kann man da Radwege bauen, und auch wieder diese Pocket-Parks und Grünflächen umsetzen.“

C: „Und dann von den Zielen auch nochmal zurück auf Corona. Habt ihr da einen Ansatz, nicht unbedingt nur als Ortsgruppe, wie man den Schutz vor Corona und auch den Klimaschutz zusammenbringen kann? Im Moment scheint sich das ja eher zu widersprechen […], zum Beispiel, dass die Wirtschaft wieder angekurbelt werden soll, das würde ja dann auch wieder für einen höheren CO2-Ausstoß sorgen.“

N: „Wir fordern generell: ‚Unite behind the science‘, in Bezug auf alle Krisen. Die Wissenschaft hat meistens den besten Plan, was passieren soll und auch wenn die etwas an ihren Ansichten ändern, ist es meistens das Aktuellste, was gerade rausgekommen ist. Das kann in der Klimakrise und in der Coronakrise helfen.

Und dann geht es darum, dass man nicht einfach eine Krise vor die andere schiebt, und sie nicht gegeneinander ausspielt. Da muss man dann sehen, was muss gerade akut getan werden und welche Maßnahmen können wir ergreifen, um die eine Krise zu verbessern, aber gleichzeitig die andere nicht weiter anzukurbeln? Und das ist schwierig.“

C: „Du hattest gerade ‚Unite behind the science’ angesprochen, aber wie würdet ihr trotzdem die Wichtigkeit der Politik in unserem Leben einschätzen? Ihr seid ja auch dafür bekannt, die Politik immer wieder zu kritisieren. Aber es kann ja auch nicht alles über die Wissenschaft oder Bewegungen laufen.“

N: „Also Politik ist enorm wichtig, gerade in einer Demokratie. Dass wir uns da aktiv als Bürger*innen mit einbringen, aber auch Parteien auf unsere Seite holen. Aktuell gibt es keine Partei im Bundestag, die ein Konzept hat, wie man bis 2035 klimaneutral werden kann, was das allerspäteste Datum wäre. Und deshalb ist aktuell eigentlich keine Partei wählbar für uns. Allerdings sind jetzt so Menschen wie Jakob Blasel, der sehr lange bei FFF aktiv war, bei der Grünen Jugend oder bei den Grünen an sich und stehen auch auf den Wahllisten für nächstes Jahr. […]“

C: „Das heißt, ihr seid also teilweise auch in den Parteien vertreten, aber würdest du trotzdem sagen, dass euch der Einfluss teilweise fehlt, was Gesetze und so etwas angeht? Es ja schon schwierig, durch einzelne Personen wirklich in den Parteien die Meinung der Bewegung zu vertreten.“

N: „Wichtig ist, dass wir eine überparteiliche Bewegung sind und bleiben. Was diese Leute in den Parteien machen, ist ihre Sache, damit haben wir nicht mehr viel zu tun.

Dann ist es auch vielleicht nicht ganz unsere Aufgabe, jetzt Gesetzesvorschläge zu bringen, sondern wir sind eine Bewegung, die darauf aufmerksam macht. Wir haben die Klimakrise in die Medien und überall reingebracht und es ist jetzt die Aufgabe der Politiker*innen, die im Bundestag und in den Landtagen sitzen, dass es geschafft werden kann, sie zu bewältigen. Wir sind einfach eine Schüler*innen-, eine Student*innen-Bewegung und es ist nicht unsere Aufgabe, Politik zu machen.“

C: „Wir hatten ja trotzdem auch schon darüber gesprochen, dass ihr wegen der Situation an Leuten und auch an Medienwirksamkeit verliert. Wie seht ihr das, kann eure Bewegung noch lange aufrechterhalten werden? Und wie soll das passieren?“

N: „Wir sind nach wie vor eine starke Bewegung. Wir sind viele und wir müssen jetzt irgendwie durchhalten, das ist eigentlich das schwierigste. Aber wir haben es durch die erste Phase, und das war tatsächlich die schlimmere Phase, geschafft, weil wir da nichts wussten, wie wir es irgendwie anstellen können.

Und jetzt haben wir erste Pläne und Erfahrungen, wie es mit Corona laufen kann. Es braucht jetzt weiter Durchhaltevermögen und den Willen aktiv und dran zu bleiben, aber den haben wir alle.

Und dann sobald wir wieder können, die Öffentlichkeit zu erreichen, aber auch während so einem Lockdown in den Medien präsent zu bleiben, ist unglaublich wichtig, weil wir sonst vergessen werden.“

Ich bedanke mich bei Nele und Fridays For Future Braunschweig für das gesamte Interview und wünsche euch noch viel Erfolg bei eurer weiteren Arbeit!

Wenn ihr euch weiter über FFF Braunschweig informieren möchtet, findet ihr hier die offizielle Website:  

https://fff-braunschweig.de/