Im Zusammenhang mit unserem Thema Feminismus und Gleichberechtigung haben wir uns gefragt, wie gleichberechtigt Mädchen und Jungen an unserer Schule sind. Wie viele Schüler:innen und Lehrer:innen gibt es? Sind die Neuanfänger:innen an der Schule eher männlich oder weiblich? Hat der Abiturjahrgang mehr Schülerinnen oder mehr Schüler? Bei einem Blick auf die Zahlen konnten wir einige interessante Beobachtungen machen.
Insgesamt ist die Zahl der Schüler:innen an der Raabeschule recht ausgeglichen. Etwa 49% sind weiblich und 51% männlich. Im vergangenen Jahr sind 57 Schüler und 59 Schülerinnen in die 5. Klasse eigeschult worden. In den Abschlussjahrgängen der 11. und 12. Klasse sind ca. 45% Schülerinnen und 55% Schüler. In diesen Jahrgängen sind also etwas mehr Schüler als Schülerinnen. Dieses Jahr sind etwa 2/3 der Abiturient:innen weiblich aber nur etwa 1/3 männlich.
Bei dem Kollegium ist die Zahl alles andere als ausgeglichen. Von den 88 Lehrkräften sind 64 weiblich und nur 24 männlich. Auch die erweiterte Schulleitung hat 3 weibliche und nur 2 männliche Mitglieder.
Nun stellt sich die Frage, wodurch diese Zahlen zustande kommen und warum seit den 90er Jahren mehr als die Hälfte der Abiturientinnen weiblich sind. Grundsätzlich werden Mädchen in der Schule besser bewertet als Jungen, was auf die nonkognitiven Fähigkeiten zurückzuführen ist. Zu diesen Kompetenzen gehören Lernbereitschaft, Aufmerksamkeit und Disziplin, die von Lehrkräften bei Mädchen generell als positiver eingeschätzt werden. Ein weiterer Grund ist, dass mehr Frauen ihr Abitur machen, um trotz regionaler Bedingungen Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu haben. Sie haben Angst, aufgrund der Arbeitsmarktlage benachteiligt zu werden und zu bestimmten Arbeitsfeldern, die von Männern geführt werden, wie zum Beispiel Anwalt, Informations- und Kommunikationstechnische Berufe oder Führungspositionen, keinen Zugang mehr zu haben. Außerdem kommen insgesamt mehr Jungen als Mädchen mit geistiger Behinderung zur Welt, was die Bedingungen für das Ablegen des Abiturs diesen Jungen möglicherweise erschwert. Einige Unterschiede scheinen ebenfalls biologische Ursachen zu haben. So seien Mädchen in ihrer Entwicklung oft schneller als Jungen und würden früher lesen lernen oder in die Pubertät kommen. Allerdings hätten Jungen Entwicklungsvorteile beim mathematischen Denken. Neben der Biologie seien also auch Kultur, Erziehung und Bildungssystem entscheidend. Eine weitere Ursache könnte sein, dass Mädchen mehr investieren und pro Wochen im Schnitt 5,5 Stunden an Hausaufgaben sitzen, wohingegen es bei den Jungen nur 3,8 Stunden sind. Außerdem gilt, dass Lesen bildet und nur 45,1% der Jungen in ihrer Freizeit zum Vergnügen lesen. Bei den Mädchen sind es 72,5%. Insgesamt 25% der Jungen finden, dass Schule Zeitverschwendung sei. Nur 6,3% der Mädchen stimmen diesem Satz zu, was bedeuten würde, dass diese den Wert der Schule mehr schätzen.
Das zahlenmäßige Wachstum der Schülerinnen im letzten Jahrhundert hat ebenfalls historische Gründe. Mädchen gelingt es heutzutage besser, die höhere Bildung der Eltern nachzuahmen. Den Geschlechtern gelang es vor der Generation, die 1958 geboren ist, noch gleichermaßen von der Bildung der Eltern zu profitieren. Aufgrund der Erhöhung der Bildungsbeteiligung durch die Bildungsexpansion, die den sozialen Wandel und die Bildung prägten, wurden die Chancen der Mädchen verbessert. Ein weiterer Grund ist der Rückgang der Geburtenrate, da die Bildungschancen von Mädchen höher sind, je weniger Geschwister, insbesondere Brüder, sie haben. Durch den historischen Wandel der Geschlechterbeziehungen und die stärkere Orientierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt haben sich auch die Bildungsentscheidungen der Mädchen verändert.
Also machen immer mehr Schülerinnen bessere Schulabschlüsse und überholen somit die Jungen, diese fallen zahlenmäßig aber nicht unbedingt zurück.
Für die hohe Zahl an weiblichen Lehrkräften gibt es ebenfalls verschiedene Gründe. In Niedersachsen sind etwa 61,1% der Lehrkräfte an Gymnasien weiblich, an Grundschulen sogar 90,2%. Ein möglicher Erklärungsversuch dafür ist das geringe Ansehen von Lehrer:innen. Heutzutage würde nur jeder fünfte seinem Kind empfehlen, Lehrer:in zu werden. Außerdem würden viele Menschen Lehrer:innen als Personen sehen, die wenig wissen, wenig arbeiten und viel bemängeln. Lehrer: innen hätten ebenfalls schlechte Aufstiegschancen. Sie würden teilweise 50 bis 60 Stunden pro Woche arbeiten, jedoch ein geringes Gehalt verdienen. Ein weiterer Grund könnte allerdings sein, dass Lehrkräfte eine gute kommunikative Kompetenz benötigen und Multitasking-fähig sein sollten, was Frauen sehr gut beherrschen würden. Einige behaupten ebenfalls, dass Männer versuchen würden sich mit kräftigen Aussagen oder Drohungen Respekt zu verschaffen, wogegen Frauen versuchen würden, emotionale Brücken zu den Schülern aufzubauen. Das stereotypische versöhnliche weibliche Vorgehen sei dem stereotypischen konfrontativen männlichen Vorgehen überlegen. Eine weitere Kernkompetenz für Lehrer:innen sei gutes Einfühlungsvermögen und eine hohe emotionale Intelligenz, da Schüler:innen heutzutage offener mit ihren Problemen und Emotionen seien. Frauen seien gut darin und hätten eine höhere emotionale Intelligenz als Männer.
Trotz der Tatsache, dass mehr Schülerinnen als Schüler, auch an der Raabeschule, ihr Abitur machen, haben Frauen immer noch schlechtere Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und verdienten im Jahr 2020 18% weniger als Männer. Im Durchschnitt ist das Gehalt von Frauen bei gleicher Position um 7% geringer. Mögliche Erklärungen hierfür seien die häufige Berufsunterbrechung von Frauen durch die Familienplanung oder die Branchen- und Berufswahl der Frauen. Sie würden sich Jobs suchen, die generell schlechter bezahlt werden und mit der Familienplanung vereinbar seien. Frauen müssten also die Chance bekommen, trotz Familienplanung und veralteten Klischees, mehr Geld zu verdienen und auch zum Beispiel in Führungspositionen arbeiten zu können.
Für mich ist sicher: Es wird keine Gleichheit geben, solange alles gleichbleibt.
Quellen: